Vom 20. bis 26. August 2019 waren fünf Radlerinnen und ein Radler bei hochsommerlichen Temperaturen unterwegs. Leider musste ein weiteres Radlerpaar sehr kurzfristig absagen.

Die Anreise mit der Bahn nach Trier funktionierte einwandfrei, und so standen am ersten Tag direkt einige Stunden für die Besichtigung der ältesten Stadt Deutschlands zur Verfügung. Die Römer haben eindrucksvolle Spuren hinterlassen. Am bekanntesten sind die Porta Nigra und die Kaiserthermen, doch an vielen anderen Stellen finden sich Zeugen der römischen Vergangenheit. Leider war die Konstantin-Basilika (3. Jhd. n.C.) eingerüstet, so dass dieses größte noch existierende Einzelbauwerk der Antike nur schemenhaft zu erkennen war. Die ursprüngliche Palastaula wurde Mitte des 18. Jahrhunderts erste evangelische Kirche im bis dahin tiefkatholischen Trier. Das Bauwerk ist 71 m lang, 33 m breit, 36 m hoch und bietet etwa 1.300 Gottesdienstbesuchern Platz. Doch auch aus nachrömischer Zeit sind viele Bauwerke zu finden. Neben zahlreichen Häusern aus Renaissance und Barock steht auf dem Hauptmarkt ein über 1.000 Jahre altes Marktkreuz, das die frühe Bedeutung Triers als Handelsplatz unterstreicht. Eher unscheinbar ist hingegen das Geburtshaus von Karl Marx. Zum Ausgleich liegt es gegenüber einer urigen Weinstube.

Um den Trierer Dom rankt sich eine Legende. Vor dem Eingang des Doms liegt eine alte steinerne Säule. Sie wird als größte und älteste steinerne Rutschbahn der Welt bezeichnet. Der Legende nach hat der Teufel diesen Stein zornig vor den Dom geworfen, als er erfuhr, dass dort statt der ihm versprochenen großen Kneipe eine Erweiterung des Gotteshauses errichtet wurde. Wahrscheinlicher ist, dass diese Säule bei einem Umbau des Doms zur späteren Weiterverwendung abgelegt und nicht weiter gebraucht wurde.


Der erste Radtag führte auf gut ausgebauten Radwegen zunächst bis Konz an der Mosel und später an der Saar entlang bis nach Merzig. Nachmittags ereilte eine Radlerin die erste und glücklicherweise einzige Panne: Hinterreifen am E-Bike platt! Und Herbert nicht dabei, der in Flandern einen ähnlichen Schaden souverän reparierte. Doch schon nahte Hilfe in Form freundlicher Saarländer. Der erste opferte zwei Reparatursets mit Schaum, die das Fahrrad jedoch nicht wieder flott machen konnten. Der zweite parkte seine Begleitung kurzerhand an der Stelle, an der er später zu Angeln gedachte, und fuhr die gestrandete Radlerin samt ihrem Velo in die nächste Reparaturwerkstatt. Eine Entschädigung für den Aufwand lehnten beide Helfer ab: Wenn sie einmal eine Panne hätten, so hofften sie, dass ihnen auch geholfen würde. Einfach toll.

Ein Wasserfall inmitten einer Stadt ist in Saarburg zu bewundern. 20 m tief stürzt das Wasser und hat früher Mühlräder angetrieben. Heute drehen sich die Räder zwar noch, treiben jedoch keine Maschinen mehr an. Über der Stadt thront eine malerische Burganlage. Ein wenig erinnert die touristisch leider etwas überlaufene, blumengeschmückte Stadt an Bad Münstereifel.

In Mettlach an der Saarschleife, Heimat des Sanitärkeramik-Herstellers Villeroy & Boch, ist neben dem Keramik-Erlebniszentrum auch das vom Künstler Stefan Szczesny für die WWF-Initiative „Global 2000“ geschaffene, weltgrößte Mosaik zu bewundern, dass aus 137.000 Einzelteilen zusammengesetzt ist und bei der Expo 2000 in Hannover zu bewundern war.

Saarlouis – die französischste Stadt des Saarlands. Auf Geheiß des Sonnenkönigs Ludwig IV. von Frankreich errichtete der damalige Star-Baumeister Vauban nach dem Frieden vom Nijmegen 1679 zur Sicherung der neuen östlichen Reichsgrenze die neue Festungsstadt. Ihre ursprüngliche Zweckbestimmung lässt sich heute noch gut erkennen, weil noch eine größere Anzahl der sternförmigen Befestigungsanlagen und Wälle vorhanden ist. In den alten Kasematten findet sich eine Ansammlung internationaler Gastronomie. Auch sonst verspürt man aller Orten französische Leichtigkeit.

Zwischen Saarlouis und Saarbrücken beherrscht die Industrie Fluss und Radweg. Endlos dehnen sich die Anlagen, dazwischen erhebt sich das eine oder andere Fördergerüst, das vom auch im Saarland Geschichte gewordenen Steinkohlenbergbau kündet. Das 1873 gegründete Eisenwerk Völklinger Hütte, heute UNESCO-Weltkulturerbe, zieht sich kilometerlang am Ufer entlang. Wer den Landschaftspark Nord in Duisburg so gut kennt wie die Radlergruppe, ist vielleicht vom ersten Anblick ein wenig enttäuscht, denn so richtig imposant sieht die Anlage in Völklingen von der gegenüberliegenden Flussseite gesehen nicht aus. Doch tatsächlich ist es ein echter musealer Betrieb mit weitaus mehr Angeboten als der LaPaDU.

Das Saarland, historisch mal französisch, mal deutsch, ist ein Schmelztiegel beider Kulturen. Dies macht sich auch in der Küche und der Freude der Menschen an gutem Essen und Trinken bemerkbar. Lyoner, saarländische Roulade, Gefillde (mit Hackfleisch gefüllte Kartoffelklöße auf Kraut), leckerer Wein und gutes Bier oder ein erfrischender Panaché (Radler) kamen auch der Radlergruppe sehr gelegen.

Einige Kilometer hinter Saarbrücken querten die Radler die grüne Grenze ins französische Lothringen. Die Saar bildet hier die Grenze, und der Saarradweg verläuft ab dort auf französischer Seite. In Saargemünd beginnt der in den 1860er Jahren erbaute Saarkanal, der den Fluss bis zum Rhein-Marne-Kanal begleitet. Ursprünglich wurden hierauf Kohle, Eisenerz und andere Waren transportiert. Doch schon in den 1870er Jahren ging die Bedeutung des Kanals als Transportweg zurück, nachdem die neu gebaute Eisenbahn die Transporte wirtschaftlicher und schneller übernehmen konnte. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Kanal wirtschaftlich nahezu bedeutungslos. Jedoch gewann er größere Bedeutung für den Tourismus: Der kanalbegleitende Radweg und die Möglichkeit, den Kanal mit Sport- und Hausbooten zu befahren, werden gut angenommen. Die zahlreichen Schleusen bringen jede Menge Abwechslung, stellen jedoch für manchen Freizeitskipper eine echte Herausforderung dar. Neben dem Kanal erstrecken sich teilweise große Seen, die als Speicherbecken für den Kanal dienen. Täglich werden 10.000 m³ Wasser benötigt, um die durch die Schleusungen im Kanal entstehenden Wasserverluste auszugleichen. Auch diese Seen sind heute ein Paradies für Hobbyschiffer und Angler.

Eine Herausforderung für Radler ist das Zusammentreffen von drei Kanälen in der Nähe von Gondrexange. Wohl oder übel müssen die Räder über eine schmale Brücke mit steilen Treppen geschoben werden. Viele versüßen sich die Abwechslung vom Radeln, indem sie Räder und Gepäck getrennt hinüberschaffen. Bei 30 Grad im Schatten (den es dort nicht gibt) ein mühsames Unterfangen.

Ein Abstecher in die nördlichen Vogesen führte nach Saarebourg. Dort hat Marc Chagall Fenster einer ehemaligen Kirche gestaltet. Das größte Fenster erstrahlt in einem magischen Blauton und stellt den Frieden dar. Es misst 12 m in der Höhe, 7,5 m in der Breite und wiegt 900 kg. Nach diesem kulturellen Genuss war Kraft gefordert, denn schweißtreibend ging es steil hinauf in die Vogesen. Zur Belohnung gab es dann einen wunderbaren Fernblick. Unterwegs zeigten sich Werke der Ingenieurkunst. Der Rhein-Marne-Kanal wurde streckenweise als Tunnel unter den Bergen gebaut. Damit konnte die Fahrzeit sehr verkürzt werden, denn das aufwändige Schleusen entfiel. Leider sind die Tunnel nicht für Fahrräder geeignet, so dass die Radlergruppe dem natürlichen Verlauf der Landschaft folgen musste.

Die letzte Etappe führte durch das Elsass. Flammeküeche und Edelzwicker kennzeichneten die Speisekarten, doch auch köstliche Fische und Fleischgerichte wurden serviert. Früher wurde der heutige Radweg zum Treideln von Lastkähnen verwendet. Eingesetzt wurden dazu Traktoren oder auch Schmalspurlokomotiven. Die asphaltierten und sehr gut instand gehaltenen Fahrbahnen machten das Radeln zum Genuss. Abwechslung brachten in der sehr naturbelassenen Landschaft mit dichten Wäldern und weiten Feldern die zahlreichen Häuschen der früheren Schleusenwärter, die der Einfachheit halber durchnummeriert sind. Manche der Häuser sind heute noch bewohnt – die Schleusen jedoch funktionieren per Fernsteuerung.

Mit dem Blick auf das Europa-Parlament begrüßte uns unser Reiseziel. Weitaus imposanter als im Fernsehen schimmert das eindrucksvolle Gebäude mit den vielen bunten Flaggen auf dem Vorplatz in der Sonne. Doch einfach nur monumental war später der Blick auf das Straßburger Münster. 1176 bis 1439 aus rosafarbenem Vogesensandstein zunächst im romanischen und später im gotischen Stil erbaut, dominiert es heute die quirlige Innenstadt. Mit seinem 142 m hohen Nordturm war es bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts das höchste von Menschenhand und das höchste im Mittelalter errichtete Gebäude. Nicht nur Touristen beleben die Stadt, sondern auch viele einheimische Bewohner und Studierende. Ein älterer Herr gab uns den Hinweis auf eine Weinstube mit lokalen Spezialitäten, und das war eine sehr gute Empfehlung für unser Abschiedsessen. Später gab es noch einen Absacker in einem anderen Lokal. Selbst um 10 Uhr abends ist Straßburg um ein Vielfaches belebter als die Mülheimer Innenstadt zur Rushhour.


Eine sechstägige Reise ging zu Ende mit einer Bahnfahrt, die trotz vier Umstiegen pünktlich am Mülheimer Hauptbahnhof endete. Das Fazit: Viele neue Eindrücke, gut ausgebaute Radwege, die bei weitem nicht so anstrengend wie angekündigt waren, gutes Essen und Trinken – und wieder ein exzellentes Radler-Team.

Und warum war es eine „Radtour der Superlative“? Des Rätsels Lösung liegt in den Begriffen wie „älteste“, „höchste“, „größte“, die wir während der Reise oft bemerkten und die auch in diesem Text vermehrt auftreten.

 Texte und Bilder: Wolfgang Schaar